Gesetzliche Grundlagen

Mit der Konvention zur Erhaltung der Biologischen Vielfalt (Rio de Janeiro1992) haben sich die Unterzeichnerstaaten verpflichtet " ... soweit möglich und sofern angebracht, die Einbringung gebietsfremder Arten, welche Ökosysteme, Lebensräume oder Arten gefährden, zu verhindern, und diese Arten zu kontrollieren oder zu beseitigen."

Erst die Verordnung (EU) 1143/2014 des europäischen Parlaments und des Rates über die Prävention und das Management Union der Einbringung und Ausbreitung invasiver gebietsfremder Arten schuf neben den bereits vorher rechtsgültigen allgemeinen Zielen und Normen rechtsverbindliche Vorschriften zu dem europaweit einheitlichen und konkreten Vorgehen gegen invasive gebietsfremde Arten. Kernstück ist die Liste der prioritären, gebietsfremden, invasiven Arten (= Unionslistearten), die von den Mitgliedsstaaten vorgeschlagen, im Rahmen einer Risikoanalyse bewertet und nach Konsultationen mit den Mitgliedsstaaten ausgewählt werden. In der Durchführungsverordnung (EU) 2016/1141 vom 13.07.2016 wurden die ersten 37 invasive Arten als prioritäre Arten unionsweiter Bedeutung aufgelistet, die unter die Bestimmungen der Verordnung (EU) 1143/2014 fallen. Die Unionsliste wird unter Mitwirkung der Mitgliedsstaaten und eines wissenschaftlichen Forums fortlaufend überarbeitet und ergänzt. Seither erscheinen in unregelmäßigen Abständen fortlaufend Nachträge mit weiteren prioritären invasiven Arten in Form von Durchführungsverordnungen:

Zum Zweck der Prävention müssen die Pfade der unbeabsichtigten Einbringung und Ausbreitung der Unionsliste-Arten untersucht und priorisiert werden. Für die prioritären Pfade sind Aktionspläne aufzustellen und alle sechs Jahre fortzuschreiben (Art. 13). Der 1. Aktionsplan Deutschlands wurde mit Bekanntmachung vom 21.06.2021 im Bundesanzeiger am 09.08.2021 veröffentlicht. Verpflichtend sind Maßnahmen zur Überwachung, durch die sowohl das Auftreten neuer Arten schnell festgestellt werden kann als auch die Verteilung bereits etablierter Arten laufend überprüft werden soll (Art. 14). Zur Verhütung vorsätzlicher Einbringung in die Union müssen amtliche Zoll- und Warenkontrollen durchgeführt werden (Art.15). Für alle gelisteten Arten gelten Einfuhr-, Ausbringungs-, Handels-, Besitz-, Zucht- und Freisetzungsverbote (Art. 7). Neu auftretende, bisher nur kleinräumig verbreitete oder noch nicht vorkommende Arten sind der EU-Kommission und den Mitgliedsstaaten unverzüglich anzuzeigen (Art. 16) und es sind Maßnahmen zur raschen Tilgung zu prüfen (Art. 17). Bereits verbreitete invasive Arten sollen eingedämmt oder kontrolliert werden (Art. 19). Ihre negativen Auswirkungen auf Flora, Fauna oder Ökosystemdienstleistungen sind durch geeignete Maßnahmen unter Abwägung von Aufwand, Nutzen und negativer Auswirkungen auf andere Schutzgüter zu mindern (Art. 19). Die Nichteinhaltung der Regelungen wird sanktioniert (Art. 30).

Die Verordnung (EU) 1143/2014 besitzt unmittlelbare Rechtskraft. Ergänzende nationale Durchführungsbestimmungen wurden in das Bundesnaturschutzgesetz aufgenommen. Diese Änderungen wurde zum 16.09.2017 rechtskräftig. Der neue § 40 BNatschG heißt nun ‚Ausbringen von Pflanzen und Tieren‘ und enthält die Genehmigungspflicht für das Ausbringen von Tieren und Pflanzen, § 40 Abs. 4, a.F.. Der neue § 40 a Abs.1 enthält die Generalklausel: „Die zuständigen Behörden treffen nach pflichtgemäßem Ermessen die im Einzelfall erforderlichen und verhältnismäßigen Maßnahmen um 1. sicherzustellen, dass die Vorschriften der VO (EU) 1143/2014, dieses Kapitels und der auf ihrer Grundlage erlassenen Rechtsvorschriften in Bezug auf invasive Arten eingehalten werden und um 2. die Einbringung oder Ausbreitung von invasiven Arten zu verhindern oder zu minimieren.“ In den Absätzen 40a bis 40f werden diese Regelungen konkretisiert, zum Beispiel die Verpflichtungen von Flächeneigentümern oder das Verhältnis zu Jagd und Fischerei. Als invasive Arten im Sinn des Bundesnaturschutzgesetztes gelten nach der neuen Definition in §7 Abs. 2 BNatschG nur noch die Arten der Unionsliste und gegebenenfalls die mittels Dringlichkeitsverordnung (EU-VO 1143/2014, Art. 10) oder in einer Rechtsverordnung nach §54 BNatschG national festgesetzten invasiven Arten.

Die nicht invasiven Neobiota sind in puncto Artenschutz den heimischen Arten vor dem Gesetz gleichgestellt. Ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt ihrer Einwanderung unterliegen alle wild lebenden Pflanzen und Tiere den allgemeinen Artenschutzbestimmungen (§ 39 BNatG, Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 7, Abs. 2, Ziffer 7 BNatschG), das heißt, sie dürfen nicht mutwillig gestört bzw. ohne vernünftigen Grund gefangen, entnommen oder verletzt werden. Auch Neobiota stehen in Einzelfällen auf der Agenda des Naturschutzes. Beispielsweise enthält die Rote Liste der gefährdeten Farn- und Blütenpflanzen auch einzelne bereits in historischer Zeit etablierte und heute gefährdete bzw. vom Aussterben bedrohte Neophyten.